„Vollwertige pflanzliche Ernährung“ – was bedeutet das eigentlich genau? Ist das nun auch wieder so ein kurzweiliger Ernährungs-Trend? Eine Diät, mit der man zwar schnell ein paar Kilos loswerden kann, dafür aber Einschränkungen und Verbote in Kauf nehmen muss?
Vielleicht hast du dir diese Fragen auch schon mal gestellt. Denn inzwischen gibt es da draußen ja sooo viele verschiedene Meinungen zum Thema „gesunde Ernährung“, dass es teilweise wirklich schwer ist, den Überblick zu behalten.
Im heutigen Artikel möchte ich dir daher einen näheren Einblick in die sogenannte vollwertige pflanzliche Ernährung geben. Denn um schon mal ein bisschen vorzugreifen: Dabei handelt es sich NICHT um eine kurzfristige Diät oder einen vorübergehenden Food-Trend, sondern um eine ausgewogene, bewusste Ernährungsweise, die sich nicht nur wunderbar köstlich gestalten, sondern auch dauerhaft umsetzen lässt. Und den Organismus noch dazu mit allem versorgt, was er braucht, um gesund, fit, stark und auf natürliche Weise schlank zu bleiben!
Wie setzt sich eine vollwertige pflanzliche Ernährung zusammen?
Der Begriff deutet es bereits an: Eine vollwertige, pflanzliche Ernährung setzt sich überwiegend aus naturbelassenen, möglichst unverarbeiteten (und damit vollwertigen), pflanzlichen Lebensmitteln zusammen. Hierzu zählen:
- Obst
- Gemüse
- Vollkorngetreide, Pseudogetreide & Kartoffeln
- Hülsenfrüchte
- naturbelassene Ölfrüchte (z.B. Nüsse, Kerne und Samen)
Stark verarbeitete Lebensmittel dagegen wie z.B. raffiniertes, weißes Mehl, Haushaltszucker, tierische Produkte wie Fleisch, Wurst und Milch und gehärtete Fabrik-Fette treten bei dieser Ernährungsform dagegen in den Hintergrund.
Die ursprüngliche Idee, die hinter der klassischen Vollwertkost steht, brachte der Ernährungsforscher Prof. Werner Kollath schon vor mehr als 60 Jahren mit folgendem Leitgedanken kurz & knapp auf den Punkt: „Lasst die Nahrung so natürlich wie möglich!“.
Ein Satz, der im Rahmen der modernen Ernährungswissenschaft bis heute seine Bedeutung behält: Blickt man beispielsweise in die Regionen der Erde, in denen die Menschen mit der höchsten Lebenserwartung & Gesundheitsqualität leben (die sogenannten „Blue Zones“ – z.B. Japan oder Sardinien), wird dort eine überwiegend naturbelassene, pflanzenbasierte Ernährung praktiziert, die nur sehr wenige industriell verarbeiteten bzw. tierische Produkte enthält. Und auch nahezu alle offiziellen, internationalen Ernährungsgesellschaften wie die DGE oder die WHO legen in ihren Ernährungsempfehlungen den Sinn und die Vorteile einer gut geplanten, möglichst vollwertigen, pflanzenbetonten Ernährung dar – sowohl zur Erhaltung der Gesundheit, als auch zum Schutz von Tieren, Klima, Umwelt & Produktionsbedingungen (wenn du hierzu mehr erfahren möchtest, schau doch mal HIER).
Warum aber spielt die Naturbelassenheit der Ernährung so eine wichtige Rolle?
Bis ein Lebensmittel essfertig auf unserem Teller liegt, hat es meistens einen Verarbeitungsprozess hinter sich: Durch die Weiterverarbeitung eines Lebensmittels – vom Schälen über das Erhitzen bis hin zum Extrahieren etc. – tritt jedoch immer auch ein gewisser Nähr- und Vitalstoffverlust ein.
Dieser mag bei nur geringer Verarbeitung durchaus klein sein und nicht großartig ins Gewicht fallen. Er steigert sich aber, je intensiver ein Lebensmittel verarbeitet und in seiner ursprünglichen Zusammensetzung verändert wird.
Ein kleines Beispiel zum Veranschaulichen:
Gut verdeutlichen lässt sich das mit einem kleinen Beispiel: Stell dir einen Apfel vor. Wurde er soeben frisch vom Baum gepflückt, enthält er noch seinen gesamten, naturgegebenen Nährstoff-Komplex – Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe, Wasser…
Durch gründliches Waschen, Schälen und Entkernen entfernen wir nun einige Bestandteile des Apfels und gleichzeitig auch einige Stoffe, beispielsweise solche, die direkt unterhalb der Schale sitzen. Würden wir den Apfel nun noch weiterverarbeiten, ihn z.B. zu Apfelmus einkochen, gehen durch das Erhitzen weitere, hitzeempfindliche Stoffe verloren. Auch das Verhältnis der im Apfel enthaltenen Stoffe zueinander verschiebt sich, z.B. das Verhältnis von Wassergehalt zu Fruchtzucker.
Du siehst – je weiter wir ein Lebensmittel verarbeiten, desto weiter entfernt es sich auch von seiner ursprünglichen, vollwertigen Natur.
Nun bedeutet das nicht automatisch, dass wir am besten gar nichts mehr kochen und uns nur noch rohköstlich ernähren sollten. Das wird schon daran erkennbar, dass einige Lebensmittel (z.B. Kartoffeln oder Hülsenfrüchte) erst durch Erhitzen genießbar werden.
Trotzdem lohnt es sich, ein grundsätzliches Bewusstsein für diesen Zusammenhang zu entwickeln und sich öfter für unverarbeitete oder nur schonend zubereitete Lebensmittel zu entscheiden. Denn so können wir im Alltag bereits selbst eine wunderbare Basis für eine gute Nährstoffversorgung legen. Und genau diese Empfehlung findest du auch bei der vollwertigen, pflanzenbasierten Ernährung wieder.
Für unsere Gesundheit ergeben sich dadurch zahlreiche Pluspunkte:
- Durch die weitgehende Naturbelassenheit bleiben wertvolle Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe bestmöglich erhalten
- Darüber hinaus liefert eine vollwertige pflanzliche Ernährung komplexe Kohlenhydrate, viele gut verwertbare Fettsäuren und wertvolles Eiweiß. All das benötigt der Organismus nicht nur für ein funktionierendes Immunsystem, sondern auch für die Aufrechterhaltung einer gesunden Hormonproduktion und den Aufbau von Muskulatur
- Doch das ist noch nicht alles: Auch Aspekte wie Regionalität, Saisonalität und biologischer Anbau spielen bei der Vollwerternährung eine wichtige Rolle. Sie stellen sicher, dass die Lebensmittel nicht nur eine eine ausgezeichnete Qualität besitzen, sondern auch umweltfreundlich, nachhaltig, schadstofffrei und fair produziert wurden
- Durch kürzere Lagerzeiten und Transportwege bleiben die wertvollen Nährstoffe zudem besser erhalten. Und noch dazu schmecken sie so meist frischer und aromatischer als konventionelle Ware
Auch stärker verarbeitete Lebensmittel liefern Nährstoffe und Kalorien, gleichzeitig aber deutlich weniger wertvolle Vitalstoffe (z.B. Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe) als die oben genannten, naturbelassenen Lebensmittel. Somit sind sie vergleichsweise weniger gut in der Lage, den Organismus optimal zu versorgen, sättigen schlechter und können sogar nachweislich die Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie z.B. Diabetes, Übergewicht oder Karies begünstigen. Empfohlen wird daher, den Konsum möglichst zu reduzieren und sich – wann immer möglich – auf vollwertigere Alternativen zu besinnen.
Aber dann ist eine vollwertige pflanzliche Ernährung ja doch eine Diät…oder?
Vielleicht klingt das nun erst mal nach Verzicht oder gar Diät. Deshalb möchte ich gerne versuchen, dir den Unterschied zu erklären:
Bei einer Diät steht meist die gezielte Zu- bzw. Abnahme von Körpergewicht im Vordergrund, nicht die Gesund-Erhaltung des Organismus oder ein ethisch-moralisches Motiv.
Um das Wunschgewicht zu erreichen, werden für einen bestimmten Zeitraum (z.B. einige Wochen) ganz bewusst bestimmte (meist sehr energiereiche) Lebensmittel vom Speiseplan gestrichen und Kalorien gezählt, bis sich die gewünschten Erfolge einstellen.
Doch das bleibt nicht ohne Folgen: Denn durch die damit verbundene, eingeschränkte Energie- und Nährstoffzufuhr bedeuten Diäten oft einen enormen Stress für Körper & Seele. Und auch, wer permanent über sein natürliches Hunger-Sättigungsempfinden hinaus essen muss (z.B. um zuzunehmen), fühlt sich meist sehr unwohl, aufgebläht und träge. Von einem „gutem Bauchgefühl“ kann so keine Rede sein.
Statt sich an den natürlichen Bedürfnissen des Körpers zu orientieren, verlangen Diäten von uns jede Menge Disziplin, Kontrolle und Verzicht und entfernen uns von einer guten Verbindung zu uns selbst. So ist ein Verlust an Lebensqualität, Leichtigkeit, Freude & Genuss nahezu vorprogrammiert.
Vollwertige, pflanzenbasierte Ernährung als Ausdruck von Dankbarkeit & Wertschätzung
Bei einer vollwertigen pflanzlichen Ernährung geht es stattdessen viel mehr um konstruktive Fragen wie:
- Was brauche ich, damit es mir gut geht?
- Wie kann ich meine jetzige Ernährung ergänzen oder verändern, um sie ausgewogener, bunter & vielseitiger zu gestalten?
- Wie kann ich meinem Organismus etwas Gutes tun und ihn bestmöglich versorgen, damit er alles bekommt, was er braucht?
- Und was schmeckt und bekommt mir wirklich? Und was nicht?
- Wie kann ich durch meine Ernährungsentscheidungen einen wertvollen Beitrag für Umwelt‑, Tier- und Klimaschutz leisten?
Diese bewussten Überlegungen verschieben den Fokus vom Gewicht hin zu Gesundheit, Wohlbefinden & Nachhaltigkeit: Lebensmittel werden nicht mehr deswegen ausgesucht, weil sie z.B. besonders wenig Kalorien enthalten, sondern aufgrund ihrer ganzheitlichen Wirkung auf uns und unsere Umwelt.
Und da das Spektrum der vollwertigen pflanzlichen Lebensmittel unfassbar riesig und vielseitig ist, ist es i.d.R. auch problemlos möglich, individuelle Vorlieben und Verträglichkeiten zu berücksichtigen. So lassen sich Gesundheit UND Genuss wunderbar verbinden.
Aus einem Mangel- und Verzichtgedanken entwickelt sich allmählich eine bewusste, dankbare, wertschätzende Einstellung dem Körper, der Umwelt und den Tieren gegenüber. Es entstehen neue, fürsorgliche, liebevolle Ernährungsgewohnheiten, die sich dauerhaft umsetzen lassen.
Das Interessante dabei ist, dass sich das Körpergewicht unter diesen Umständen nach einiger Zeit meist ganz automatisch bei einem gesunden, individuellen Wohlfühlgewicht einpendelt. Und das ist ein völlig anderer Ansatz als bei einer Diät.
Pflanzlich vollwertige Ernährung vs. vegane Ernährung – wo liegt der Unterschied?
Ist eine vollwertige pflanzliche Ernährung nun exakt dasselbe wie die vegane Ernährung?
Nicht automatisch. Denn das Label „vegane Ernährung“ bedeutet zunächst einmal nur, dass keine tierischen Produkte konsumiert werden. Über den gesundheitlichen Mehrwert eines Lebensmittels sagt der Begriff „vegan“ jedoch nicht viel aus.
Die Leitmotivation vieler Veganer ist zunächst einmal ethisch orientiert, d.h. es geht ihnen v.a. darum, Tierleid zu minimieren und die Umwelt zu schützen. Diese Beweggründe stehen dann manchmal sogar über der eigenen Gesundheit: Da zahlreiche Lebensmittel, u.a. Zucker, Softdrinks, Weißbrot, Pommes und Alkohol, zwar rein vegan, aber alles andere als vollwertig sind, kann es leicht passieren, dass durch das bloße Weglassen tierischer Produkte die Ernährung sehr einseitig wird. So kann es beispielsweise zu einem bedenklichen Mangel an wichtigen Stoffen wie etwa Vitamin B12 oder Eisen kommen, was sich v.a. langfristig betrachtet sehr negativ auf die Gesundheit auswirken würde.
Mit der Bezeichnung vollwertige pflanzliche Ernährung kommen wir dagegen schon einen großen Schritt weiter. Denn darin spiegelt sich das Bewusstsein wieder, dass es eben auch darum geht, Lebensmittel anhand ihres gesundheitlichen und nachhaltigen Einflusses auszuwählen. Und dass es wichtig ist, den Speiseplan sorgsam zusammenzustellen, um keinen Nährstoffmangel zu riskieren (hierzu folgt in Kürze ein weiterführender Artikel).
Und was ist mit Schokolade, Chips & Co?
Wie aber bereits gesagt: Die vollwertige pflanzliche Ernährung ist keine Diät und erlegt dir damit auch keine strengen Regeln auf. Somit kannst letztlich ganz du selbst entscheiden, wie konsequent du bei der Umsetzung sein möchtest:
Während die einen irgendwann gar keine tierischen bzw. verarbeiteten Produkte mehr konsumieren, reduzieren andere einfach die bisherigen Mengen und greifen z.B. nur noch ab und zum Steak oder zum Käsebrot.
No drama, baby: Warum mehr Toleranz & Flexibilität beim Essen so wichtig sind
Mein persönlicher Eindruck ist, dass gerade in der vollwertig-veganen Szene oft ein hoher Anspruch an Perfektion vorherrscht, a la „entweder du machst alles zu 100% konsequent oder du kannst es gleich bleiben lassen!“. Und das finde ich nicht nur schade, sondern auch richtig kontraproduktiv. Denn dadurch bremsen wir uns nur selbst aus und übersehen, dass jeder noch so kleine Schritt zählt! Jede Veränderung ist wertvoll – v.a. wenn sie aus einer inneren Überzeugung und aus Wohlwollen heraus entsteht.
Du könntest dir nicht vorstellen, jemals auf deine Lieblingsschokolade oder Fertig-Pizza zu verzichten? Dann ist mein Rat an dieser Stelle: Setz dich nicht unnötig selbst unter Druck!
Vielmehr möchte ich dich ermutigen, deine eigene, gesunde Balance & dein eigenes Tempo zu finden. Und die vollwertige pflanzliche Ernährung als hilfreiche Orientierung zu begreifen, die du ganz individuell & flexibel gestalten kannst:
- Entdecke die Vielfalt der pflanzlich-vollwertigen Lebensmittel und probiere dich querbeet durch!
- Such dir ein schönes Kochbuch mit leckeren, pflanzlichen Rezepten,
- stöbere durch tolle Food-Blogs oder
- lass dich vom bunten Angebot auf dem Wochenmarkt inspirieren!
Du wirst sehen, dass es dadurch plötzlich so viel Neues zu entdecken gibt und die vollwertige pflanzliche Ernährung so auch für deinen Speiseplan eine echte Bereicherung sein kann! Egal, ob nur gelegentlich oder sogar jeden Tag!
Du wünschst dir mehr Unterstützung? Dann hol dir am besten gleich meine wunderschöne, kostenlose Einkaufsliste! Sie zeigt dir alle Lebensmittelgruppen einer vollwertigen, pflanzenbasierten Ernährung auf einen Blick und begleitet dich beim Zusammenstellen deiner Gerichte!
Einfach ausdrucken, an den Kühlschrank heften & täglich neu inspirieren lassen!
Hallo Angela,
toller Artikel! ich komme ja aus einer Ökofamily , die Vollwertkost praktiziert hat.
ich finde es echt spannend, wie im Grunde alle Formen immer wieder mit neuem Namen auftauchen. Für mich ist dieser Ernährungsform die Basis für alle Menschen. Veganer*Innen, Vegetarier*Innen und Mischköstler*innen. also auch die, die ich generell in meinen Beratungen empfehle
LG von Angret / Gesundheitsdetektivin
Vielen lieben Dank für dein Feedback, liebe Angret! Ich sehe es ganz ähnlich wie du! Letztendlich können Begriffe eine Hilfe bei der Orientierung liefern…doch am Ende zählt die praktische Umsetzung und die dahinter liegende Einstellung! Und da läuft es doch immer wieder auf dieselbe Basis hinaus! 😉 Alles Liebe dir!